Enduros


Seit ein paar Jahren, seit es vor lauter Eigenheimsiedlungen und Mülldeponien kein Gelände mehr gibt, werden komischerweise die Dinger mit den grobstolligen Reifen immer mehr. Aussehen tun die Typen als wollten sie sofort anne Front fahrn, dabei bügeln se bloß nache Eisdiele hin. Wennse grad nich ihre Rüstung anhaben, dann rasen se meist mit T-Shirt und kurze Hose durche Stadt, dasse auch ja ne richtig schöne Schürfwunde zustande bringen, wenn sich mal auffe Fresse legen. Vom Lebensgefühl und den Neonklamotten her sind das sowieso keine Motorradfahrer sondern Surfer. Bloß, daß sie noch nicht gerafft haben, daß Asphalt zwar im Sommer genauso warm ist wie Wasser, aber man trotzdem sich nich so oft draufballern sollte. Ich schätze sowieso, daß bei den meisten von diesen Fritzen die Oma immer frischrasiert inne Hautklinik rumliegt, falls mal wieder'n paar Hautlappen auf den weggeschmirgelten Arsch gespendet werden müßen. An der Mühle sind auch dauernd wasserdichte Überlebenskoffer aus Alu drangebraten, mit Moskitonetze, Entsalzungstabletten, Anthropinspritzen und Tauschartikel für Eingeborene. So bügeln sie nach'n Supermarkt hin, und haben nicht mal mehr Platz für ne Packung Lümmeltüten. Brauchen sie allerdings auch nicht, weil se aus Trainingsgründen sowie auf Sex verzichten. Joo, inne Sahara, wenn Du von Paris nach Dakar orgelst, kannst Du auch nicht dauernd auffe Mama rauf. So ist der Endurofahrer dauernd auf der Flucht, hat seine Heimatstadt aber noch nie verlassen. Träumen tunse zwar alle davon, dasse mit ihre bunten Plastikhobel mal durche Sahara krajolen, wird aber meist nichts draus, denn einer ausser Clique liegt garantiert immer im Krankenhaus, weil er sich an dem hochgezogenen Auspuff die Eier gebraten hat.


Autor: Dietmar Wischmeyer / FRÜHSTYXRADIO